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Zweites Arbeitstreffen des Bildungsnetzwerkes Gesundbrunnen

Draußen jagt der Wind die Wolken, es ist ungemütlich, kühl und stürmisch. Drinnen sitzen 12 Menschen aus dem Badstraßenkiez und machen sich Gedanken. Drinnen, das ist in der Willy-Brandt-Schule, die 12 Menschen kommen aus pädagogischen Einrichtungen hier im Kiez und Gedanken machen sie sich darüber, wie sie die hiesige Bildungslandschaft verbessern können.

Esther Blodau (l) und Luisa Stock moderieren das Treffen

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Zweites Treffen des Bildungsnetzwerkes Gesundbrunnen am 12. Oktober. Wobei, Bildungsnetzwerk ist noch etwas hoch gegriffen. Denn das Netzwerk befindet sich gerade im Aufbau – im Rahmen eines vom QM Badstraße beauftragten Projektes "Netzwerk KiezBildung", dass vom Berliner Büro "STADTGESCHICHTEN e.V." umgesetzt wird. Heute also wird kräftig gesponnen, um die vertretenen Schulen und Kitas ins Netzwerk zu knüpfen. Diese lassen sich gern von den drei STADTGESCHICHTEN-"Spinnen" Esther Blodau, Luisa Stock und Hjördis Hoffmann einweben, die sich der Moderation und thematischen Begleitung des Treffens widmen.

Als der Berichterstatter mit einiger Verspätung den Präsentationsraum in der Willy-Brandt-Oberschule betritt, prangen an dessen Wänden bereits imposante Organigramme, auf denen die Bildungslandschaft des Kiezes dargestellt ist. Verschiedene Farben zeigen bestehende und noch zu etablierende Verbindungen zwischen den einzelnen Bildungsträgern auf, wobei heute der Fokus vor allem auf den Schulen liegt. Was direkt ins Auge fällt ist, dass die Beziehungen zwischen den Kiez-Kitas und den Grundschulen oft schon sehr eng sind, aber in der Weiterführung der schulischen Ausbildung oft keine Kontakte zwischen Grundschulen und Oberschulen bestehen.

Morphologie eines Bildungsstandortes

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Also gut, dass heute die ersten Vertreter gemeinsam hier sitzen. Das Interesse aneinander und an der Arbeit der anderen Schulen und Kitas ist sichtbar groß und unausgesprochen steht die Frage im Raum, warum diese Institutionen nicht schon längst miteinander kommunizieren oder gar arbeiten. Das Stichwort "Schulegoismus" fällt, demzufolge die Schulen angesichts knapper Ressourcen um Schüler konkurrieren und zuvörderst das Wohl ihrer eigenen Schule im Auge haben. Hinzu kommt das, was viele aus ihrem Alltag kennen. Auch im schulischen Kontext ist evident: Der alltägliche Stress hält davon ab, den Blick einmal neu zu justieren, eine andere Perspektive zu wählen, die eigene Position im größeren Zusammenhang zu begreifen. So kommt es, dass zum Beispiel Heiko Großer, der seit fünf Jahren an der Gesundbrunnen-Grundschule das Team "Ergänzende Förderung und Betreuung" leitet, bekennt, heute zum ersten Mal in der Willy-Brandt-Schule zu sein. Auch aus diesem Grund sei es ihm ein wichtiges Anliegen, an dem Treffen teilzunehmen, denn das Projekt biete nun die Gelegenheit, noch nicht existierende Kommunikationsstränge herzustellen.

Arbeitsgruppen diskutieren die Übergänge zwischen Kita und Grundschule sowie zwischen Grundschule und Oberschule

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Um so intensiver wird nun für die Zukunft geplant. Als Sofortmaßnahme wird zum Beispiel vorgeschlagen, eine gegenseitige Verlinkung auf den Webseiten der im Bildungsnetzwerk vertretenen Institutionen vorzunehmen. Eine zunächst eher symbolische Aktion, die gleichwohl die Gemeinschaft stärkt und nach außen das Signal der Zusammengehörigkeit sendet. Auch ein oft genanntes Kriterium ist das Selbstbewusstsein, das eigentlich aus einer so ausdifferenzierten Bildungslandschaft - Fingerzeig zum Organigramm an der Wand - resultieren könne. Denn hier gibt es bereits tolle Angebote, die weit über eine bloße Beschulung oder Betreuung hinaus gehen. Trotzdem leidet der Kiez unter Bildungsmigration, dergestalt, dass hier ansässige Eltern mit allen Mitteln versuchen, ihre Kinder in Schulen im Prenzlauer Berg, Pankow oder Alt-Mitte unterzubringen. Hier wünsche sie sich mehr Standing, eine breitere Brust gerade unter den Bildungs-Profis, führt Frau Franke, Schulleiterin der Willy-Brandt-Oberschule, aus. Der schlechte Ruf, den die hiesigen Schulen oft haben, sei ja keine von der Natur gegebene Tatsache, daran lasse sich arbeiten.

Schulleiterin Franke präsentiert die Ergebnisse der Grundschul-/Oberschul-Arbeitsgruppe

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Am Vormittag gibt es eine Gruppendiskussion, in der alle die Probleme vorbringen können, die ihnen unter den Nägeln brennen. Schnell wird deutlich, dass es die Übergänge von Bildungseinrichtung zu Bildungseinrichtung sind, an denen es am meisten hapert. Informationen über die Vorbildung der Kinder gehen verloren oder müssen aufwändig neu ermittelt werden. Gleichzeitig wünschen sich die Bildungseinrichtungen, die mit den jüngeren Kindern arbeiten, mehr Feedback von den Nachfolgern. So meint Sabanur Döhler-Boonwang von der Kita "Paradiesvögel", dass sie sich wünschen würde, von den Grundschullehrern ihrer ehemaligen Zöglinge eine Einschätzung darüber zu bekommen, wie gut vorbereitet die Schulanfänger in die Schule starten. Das würde ihr bei der Konzeption des Vorschul-Programms sehr helfen.

Bötchen, Ozean, Sonne, Hai - Wer ist was im Badstraßenkiez?

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Was in der Diskussion immer wieder genannt wird ist die Frage, wie sich die Eltern besser in die Bildungsarbeit integrieren lassen. Die Vorschläge gehen hier vom Austausch unter den Elternvertretern über Schul- und Altersgrenzen hinweg über 2-sprachiges Bilderbuchkino für die Kleinen und ihre Eltern bis hin zu gemeinsamen Tagen der offenen Tür, an denen alle Bildungseinrichtungen im Kiez die Eltern zeitgleich willkommen heißen. Zur Visualisierung der Ziele, Wege und Stolpersteine bei der Entstehung des Bildungsnetzwerkes haben die Organisatorinnen lustige Bilder auf Flipchart-Bögen vorbereitet, auf denen etwa ein Hai nach einem Boot schnappt oder eine Rakete durchs Weltall schippert. In diese Bilder tragen die nun in zwei Arbeitsgruppen geteilten Pädagogen ihre Ansätze für den Übergang zwischen den Einrichtungen ein – einmal von der Kita zur Grundschule und einmal von der Grundschule zur Oberschule. Es macht Spaß zu sehen, wie sich auf den Bögen die Ideen entwickeln.

Es würde zu weit führen, alle hier zu nennen. Die Organisatorinnen legen großen Wert auf eine strukturierte Diskussion, weshalb sie mit einer Stoppuhr die Rede- und Konzeptionszeiten begrenzen. Draußen bimmelt die Schulklingel, während das Piep-Piep der Stoppuhr drinnen den Takt vorgibt. So diszipliniert kommt die Runde zu guten Ergebnissen. Ein nächstes Treffen wird für 12. Februar 2018 vereinbart und außerdem soll sich ein weiteres Treffen speziell der Aktivierung der Eltern annehmen.

Schulrundgang zum Abschluss: Frau Franke führt über den stürmischen Schulhof

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Esther Blodau und Luisa Stock, die neben der heute durch Hjördis Hoffmann vertretenen Tina Hilbert das Projekt betreuen, sind mit der heutigen Beteiligung zufrieden. Zwar seien von den 17 Bildungseinrichtungen im Kiez – Kitas, 3 Grundschulen, die Willy-Brandt-Oberschule, das Diesterweg-Gymnasium, aber auch die Bibliothek am Luisenbad, Jugendklubs oder das klingende Museum – heute nur sieben anwesend. Sie denken aber, dass ihr Konzept „ansteckend“ ist und sich zu der heute anwesende Kerngruppe im Laufe der Zeit alle oder die meisten Einrichtungen aus dem Kiez gesellen werden.

Das Projekt ist bis Ende 2019 terminiert. Das sei genug Zeit, um belastbare Strukturen zu etablieren, gibt sich Esther Blodau zuversichtlich. Der Verein STADTGESCHICHTEN habe Erfahrungen mit solchen Projekten und deren Verselbständigung. Auch mit der lokalen Beschränkung auf das QM-Gebiet Badstraße ist Blodau einverstanden, denn der Wirkungskreis solle „nachvollziehbar und nicht zu groß“ sein. Das erleichtere den beteiligten Akteuren die Identifikation mit dem Netzwerk. Dazu soll auch die geplante Etablierung eines einprägsamen Namens und eines Logos für das Netzwerk beitragen.

Ein nicht unwesentlicher Puzzlestein bei ihrer Arbeit sei es darüber hinaus, die Treffen für die Beteiligten so spannend und angenehm wie möglich zu gestalten. Mit kreativen Methoden soll die Zusammenarbeit nicht nur produktiv sein, sondern auch Spaß bringen. Und aus diesem Grund vergoldet das heutige Treffen auch ein leckeres Catering mit Pizza, belegten Brötchen und Haribo-Fledermäusen. Denn, so Luisa Stock, es gäbe nichts Schlimmeres als ein mehrstündiges Meeting ohne die Möglichkeit, sich zu stärken. Die von nun an regelmäßigen Netzwerktreffen finden in wechselnden Schulen und Einrichtungen im Kiez statt. So hat jede Schule, jede Kita die Möglichkeit, sich den Netzwerkpartnern vorzustellen und bei ihnen ein lebendiges Bild ihrer Arbeit zu erzeugen. Wenn man die Ressourcen, Profile und Bedarfe der Partner in der Nachbarschaft und vor allem die Personen dort kennt, ist es viel leichter, mit ihnen in Kontakt oder Kooperation zu treten.

Ein wichtiges Ziel des Projektes ist es, mit dem Bildungsnetzwerk eine Institution zu schaffen, die sich auch über die Grenzen des Kiezes hinaus Gehör verschaffen kann, gerade auch bei Politik und Verwaltung. Die Anliegen einer einzelnen Grundschule lassen sich halt viel leichter ignorieren, als wenn diese durch ein Netzwerk von allen Bildungseinrichtungen aus einem Gebiet vorgetragen werden.

STADTGESCHICHTEN e.V. selber sieht sich in dem Prozess der Netzwerkbildung als Impulsgeber. Aber auch seitens der Schulen werden die drei „Netzwerkerinnen“ aufgefordert, zu drängeln, zu motivieren und zu organisieren, wenn die Partner wieder einmal im „Tunnelmodus“ seien. Diese Rolle nähmen sie gern an, lacht Luisa Stock.

Den Verein STADTGESCHICHTEN gibt es seit 2013. Er ist spezialisiert auf Beteiligungsprozesse mit künstlerischen Methoden und Projekten sowie auf Vernetzungsarbeit. Der multidisziplinäre Ansatz der Projektarbeit ist auch in den Hintergründen der Mitarbeiterinnen erkennbar. Tina Hilbert ist Theaterpädagogin, hat Afrikawissenschaften studiert und früher in einem QM gearbeitet. Esther Blodau hat Stadtplanung studiert, Beteiligungsprozesse begleitet und ebenfalls im QM Moabit-Ost gearbeitet. Luisa Stock wiederum kommt aus der Bildenden Kunst und hat sich über den Masterstudiengang Raumstrategien auf Kunst und Partizipation spezialisiert.

Das Treffen am 12. Oktober findet sein Ende mit einem Rundgang durch die Willy-Brandt-Schule. Schulleiterin Franke zeigt den Teilnehmern die neue Mensa, einige Unterrichtsräume und auch den neu gestalteten Schulhof. Da merkt man es wieder: Auch wenn jetzt die Sonne da ist, der Wind pfeift und so richtig gern ist man heute nicht da draußen; man sehnt sich zurück in die Schule. Aber das könnte ja auch symbolisch für die Arbeit des Netzwerkes stehen: Die Bildungseinrichtungen im Kiez für die Kinder und Jugendlichen zu einem Ort zu machen, an dem sie vor den Unbequemlichkeiten des Kiezes geschützt lernen können.

 

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