Wort, Musik und Tanz

Der Choreograf und Tanzpädagoge Kosmas Kosmopoulos bringt den Kiez in Schwung

Schulfest an der Gesundbrunnen-Grundschule. Die Kinder sind voller Energie. Endlich können sie ihren Eltern präsentieren, welch' flotte Sohle sie aufs Parkett legen können. Die Eltern mit ihren Smartphones im Anschlag drängen sich um die besten Plätze am Bühnenrand. Zwischen ihnen ein dunkelhaariger Mann, der viel Platz beansprucht: Kosmas Kosmopoulos, der den Kindern vortanzt.

 

Kinder der Gesundbrunnen-Grundschule im Tanzfieber

 

stolze Eltern filmen ihre Kinder

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Kosmas Kosmopoulos stammt aus Griechenland und ist Choreograf und Tanzpädagoge. Seine Ausbildung absolvierte er in Berlin und mit einem EU-Stipendium in Brüssel. Heute ist er der künstlerische Leiter der Initiative LUNA PARK, die u.a. vom Weinmeisterhaus e.V. in Berlin Mitte getragen wird. Das Jugendkulturzentrum Weinmeisterhaus war früher eine Einrichtung des Bezirksamts. 2010 allerdings wurden viele Einrichtungen geschlossen oder in freie Trägerschaften übergeben, so auch das Weinmeisterhaus. Es war ein Glücksfall, dass es erhalten blieb, obwohl man der Meinung war, dass der Kiez nicht den nötigen Bedarf aufweist. Doch auch da der Förderverein über die Kiezgrenzen des Hackeschen Markts hinweg Projekte organisieren wollte, konnte das Haus bestehen bleiben. Hinzu kam, dass sich Kosmopoulos schon länger stark im Wedding engagiert hat. Auch die Politik wurde in dieser Zeit aufmerksam und stellte fest, dass kulturelle Bildung von Bedeutung ist, besonders an Orten mit größerem Migrationsanteil und sozialen Problemen. Somit gab es zusätzliche, neue Fördermöglichkeiten. „Auch wenn der administrative Teil, da es um Steuergelder geht, sehr aufwändig ist – die Finanzierung in den letzten Jahren ist viel besser geworden“, räumt Kosmopoulos ein.
Zur Gesundbrunnen-Grundschule kam er damals durch Zufall. Kosmopoulos unterrichtete  gerade Tanz in der Aula an der Anna-Lindh-Schule in Mitte. Dort entdeckte ihn die Co-Rektorin Manduela Krüger. Sie war sofort begeistert von seiner Arbeit. Sprachförderung und Bewegung – das ist genau das, was den Kindern im Wedding fehlt. 2009 wechselte die Rektorin an die Gesundbrunnen-Grundschule und nahm Kosmopoulos sozusagen mit. Sehr bald hat er dann angefangen, auch in benachbarten Kitas und Grundschulen zu arbeiten. Da er all seine Projekte schon bald nicht mehr allein bewerkstelligen konnte, suchte und bekam er Unterstützung von anderen Tänzern und Theaterpädagogen.

Choreograph Kosmas Kosmopoulos

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Inzwischen versucht Kosmopoulos eine Basis aufzubauen, die eine Regelmäßigkeit garantieren kann. „Projektarbeit ist stellenweise sehr mühselig“, findet er „da man Anträge immer wieder neu stellen muss.“ Eine kontinuierliche Arbeit würde allen dienen. Das QM Badstraße unterstützt die Regelmäßigkeit der Angebote im Tanz- und Theaterbereich und damit auch die Sicherheit und Planbarkeit für Kosmopoulos.

„Die Verbindung von Wort, Musik und Tanz ist mir sehr wichtig“, so der Tanzpädagoge. Gerade Bewegungsförderung ist extrem wichtig, findet er, die meisten Kinder würden sich in ihrer Freizeit wenig bewegen. Ihm liegt am Herzen, dass die Kinder verschiedene Möglichkeiten kennen lernen, sich auszudrücken. Damit sollte man so früh wie möglich beginnen, als Erwachsener wird man davon profitieren.
Gut 400 Schüler trifft Kosmopoulos jede Woche. Einsetzbar ist sein Angebot zur Unterstützung der Fächer Deutsch, Musik und Sport. Kosmopoulos vermittelt den Kindern Theaterarbeit und moderne Tänze. Anfänglich gab es Diskussionen mit einigen konservativen muslimischen Vätern, aber das waren Einzelfälle. Letztendlich ist es eine Entscheidung der Schulleitung, den Tanz- und Theaterunterricht verstärkt ins Profil der Schule aufzunehmen.

Spaß beim Bildungsfest im September

Kosmas Kosmopoulos macht die Moves vor

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Dass ein Theaterstück oder eine Tanzperformance in einem langen Prozess entsteht, ist den Kindern zunächst oft nicht bewusst. Die Erfahrung hat aber gezeigt, dass es gut ist, auf ein bestimmtes Ziel, eine Aufführung zum Beispiel, hinzuarbeiten. So bleiben die Kids am Ball. Auch die Kleinsten freuen sich, ihre älteren Geschwister zu bewundern und schon bald selbst an Kosmopoulos' Projekten teilnehmen zu können. Außerdem sehen bei den Aufführungen auch die Eltern, womit sich ihre Kinder im Unterricht so lange beschäftigt haben.

Kosmopoulos findet, dass die Mädchen es hier schwerer haben als die Jungs. „Das könnte daran liegen“, überlegt Kosmopoulos „dass viele Mädchen gezwungen sind, in den Familien ihren Platz zwischen den Jungs und den Vätern zu finden.“ Für den Tänzer war es allerdings von Vorteil, dass er ein Mann ist und er keinen klassischen Tanz anbieten wollte. So war die Akzeptanz für Tanz bei den männlichen Schülern größer. Eine Frau hätte es da vielleicht schwerer gehabt. Seit 2016 gibt es eine Kooperation mit den benachbarten Uferstudios. Für die Kinder waren die Uferstudios vorher ein weißer Fleck auf der Landkarte. Das fand Kosmopoulos schade, da die Uferstudios in der direkten Nachbarschaft liegen und ein wichtiger Ort für die Entwicklung des zeitgenössischen Tanzes sind.

Kosmas Kosmopoulos ist außerdem seit März 2019 Vorsitzender des neu gegründeten Vereins Initiative LUNA PARK e.V. mit Sitz an der Gesundbrunnen-Grundschule. Das Ziel des neuen Vereins ist es, die künstlerische Produktion vor allem im Bereich Tanz und Theater  und die außerschulische künstlerische Bildung von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Berlin, bundesweit und in Austausch mit dem Ausland zu unterstützen. Die Initiative LUNA PARK hat bereits zahlreiche Produktionen im Bereich des zeitgenössischem Tanzes realisiert und organisiert darüber hinaus regelmäßig internationale Austauschprogramme für junge Tanz- und Theaterschaffende. In Zusammenarbeit mit benachbarten Grundschulen, Kitas und weiteren lokalen Partnern soll der neu gegründete Verein die Nachbarschaft noch stärker durch außerschulische Angebote ansprechen, einbeziehen und sich mit ihr identifizieren. Als offenes Kollektiv freischaffender Künstler (Tänzer, Choreographen, Musiker, Autoren) soll sich die Initiative LUNA PARK durch eine Langzeit-Residenz an der Gesundbrunnen-Grundschule weiterentwickeln und die Schule zusätzlich als Produktionsort für Tanzperformances und Kindertheaterstücke etablieren.

Kosmas Kosmopoulos' Arbeit gibt Zuversicht und zeigt, dass Kunst und kulturelle Bildung an Weddinger Schulen durchaus funktionieren können.

 

Text/Fotos: Anna Lindner und Johannes Hayner