Drittes Bildungsfest – Eine Reise in die Zukunft

Das dritte Bildungsfest im Badstraßenkiez findet in diesem besonderen Jahr mal ganz anders statt. Aus der Corona-Not (und den daraus folgenden Auflagen des Infektionsschutzes) wurde 2020 eine Tugend gemacht. Und was für eine: Wir begeben uns auf eine BILDUNGSREISE IN DIE ZUKUNFT!

 IMG 4229An insgesamt 13 Stationen im Kiez, wunderbar visualisiert als Planeten im Badstraßenkiezsystem, gibt es spannenden Projekte und Mitmach-Aktionen. Alles unter dem Stern der Bildung, dem Treibstoff der heutigen Zukunftsreise.

Wir schreiben den 25. September 2020, 14:00 Uhr, eigentlich der erste so richtig herbstliche Tag im Badstraßen-Kiez nach diesem furiosen Spätsommer. Glücklicherweise ist und bleibt es trocken.
Ich bin mit meiner 7-jährigen Tochter Kaya unterwegs. Direkt vor dem QM Büro ist der Startpunkt. Kreideblumenkreise erinnern charmant an die Abstandsregeln, es gibt warmen Tee und gelbe Luftballons.
Es sind schon einige Schüler und auch Erwachsene hier, die erwartungsvoll auf den Beginn der Aktion lauern.

Clara am Stand „Stadtgeschichten“, (http://www.buero-stadtgeschichten.de) dem Veranstalter der heutigen Kiez-Rallye, händigt uns allen je eine Stempelkarte aus: „Gemäß unseres Mottos Badstraßenkiez – HIER STECKT BILDUNG DRIN! wollen wir zeigen, was an guter Bildung in unserem Kiez steckt. Die Idee ist, dass Kinder und natürlich auch Eltern heute neue Orte kennenlernen und dann im besten Falle bald an diese zurückkehren, weil sie gemerkt haben, dass da super Sachen gemacht werden.“

 

Cool! Und wenn wir einen Ort oder besser Planeten besucht und die dortige Mission erfolgreich absolviert haben, bekommen wir einen Stempel oder Aufkleber. Wenn wir mindestens 4 davon ergattern, erhalten wir am Ende gegen 17:30 Uhr einen Preis. Je mehr Stempel wir sammeln, desto toller unsere Belohnung.

Wir sind top motiviert und schnappen uns direkt eine der vier Rikschas, die für Bildungsreisende bereitstehen, um uns zum nächsten Stern zu kutschieren. Was für ein Service!
IMG 4250Wir setzen uns auf die Rückbank des Elektrogefährts und ab geht die Reise! Der Fahrer heizt auf Straße und Bordstein die Heidebrinker hoch, vorbei an der Kümmelküche Richtung Behm. Und schwuppsdiwupps sind wir da:

Erste Station ist das klingende Museum: Passend zum Hause werden hier heute Instrumente gebastelt. Es dürfen nur maximal 4 Personen gleichzeitig in das helle Foyer, in dem die Instrumentenwerkstatt aufgebaut ist. Wir haben Glück, denn wir sind die allerersten!
Zum guten Ton gehört heute das Desinfizieren aller Besucherhände. Zum ersten Mal hat Kaya eine echte Säge in der Hand. Das nun in seiner Länge reduzierte Plastikrohr wird mit Sandpapier geschliffen und mit Hilfe eines Luftballons mit einem röhrernen Mundstück versehen. Dann wird mit buntem Papier und Malstiften kräftig verziert. Und schon hat man nach guten 10 Minuten ein echtes Weltraum-Saxophon, dem wirklich sehr laute und noch schrillere Töne entzaubert werden können.
„Dürfen wir die Tröte mitnehmen?“ Ja, wir dürfen und bekommen neben dem Stempel noch eine schöne Tragetasche zum Transport. „Hier steckt Bildung drin!“

Wir springen auf die Rikscha und reiten die Badstraße hinunter Richtung Luisenbad Bibliothek. Krass, wie elegant sich der Fahrer an den im Verkehr stehenden Autos vorbeischlängelt.

https://de.wikipedia.org/wiki/Bibliothek_am_Luisenbad 

Der ortskundige Rikscha-Pilot klärt uns über die einst heilenden Quellen auf und auch darüber, dass die Panke hier mal ein Mühlenrad angetrieben hat. (Also die Panke das Mühlenrad nicht das Mühlenrad die Panke.) Über das Treppenhaus erklimmen wir den wunderbaren Puttensaal und entern eine konzentrierte Arbeitsatmosphäre. Mehrere Schulkinder werkeln eifrig mit Schraubenzieher, Pinzette und Heißkleber an im Corona-Abstand platzierten Schulbänken. „Wollt ihr auch einen Putz-Roboter bauen?“ Einen Putzroboter? Na klar! Das klingt nach einem nützlichen Mitbewohner. Schnuppi und Tapete, das sind unsere Katzen, werden sich freuen!

IMG 4244Basis bildet ein herkömmlicher Bürstenkopf, dem einen oder der anderen sicherlich bekannt aus spülmaschinenlosen Abwasch-Szenarios, auf dem dann ein Mini-Motor aus einer Elektrozahnbürste und eine Batterie geleimt werden. Nun wird das ganze verkabelt. Schließlich wird die rotierende Motorachse mit einer Unwucht in Form einer kleinen Mutter und einem grünen Puschelchen versehen. Die durch den Motor entstehende, nun „unrunde“ Vibration wird zum Zitterantrieb für die 1000 Bürstenbeinchen.
Zum Schluss bekommt der Roboter sein Gesicht verpasst.  Augen, Nase, Mund.
Funktionstest! In der Tat rackert und rödelt das kleine, süße Wesen eifrig im Kreise und poliert das ohnehin schon glänzende Puttensaalparkett. Zuhause warten die großen Aufgaben, Kleiner!
Rein in unsere Tasche.
Abgestempelt!

 

Zwischenstation Gesundbrunnen-Grundschule. Gemeinsam mit Netbil wird das Schulhof-Programm gestaltet. Was hier das Falten eines Wurfbechers bewirkt, veranlasst dort das Absolvieren des Fahrradparcours: Stempel 3 und 4 auf der Sternenkarte!

IMG 4280Weiter geht’s zum Projekt ALT BLEIBT NEU, in die Bellermann 92. Normalerweise kann man hier defekte technische Gerät unter Anleitung selbst reparieren, aber heute geht’s um die reine Wissenschaft! Matthias Neumann, der mich immer an den genialen Professor aus Zurück in die Zukunft erinnert, veranschaulicht uns eines von Galileo Galileis (https://de.wikipedia.org/wiki/Galileo_Galilei) beeindruckenden Experimenten, die er mit seinem Schüler Guiseppe am schiefen Turm von Pisa durchgeführt hat.

https://de.wikipedia.org/wiki/Schiefer_Turm_von_Pisa

Es geht um Steine und Federn und Schwerkraft. Physik der Bewegung. Die Kinder staunen nicht schlecht und werden stetig mit kleinen Fragen bei der Stange gehalten. Um Untersuchungen am freien Fall zu unternehmen, hat Galilei diesen, zum Zwecke der besseren Beobachtbarkeit, mit einem genauen Trick künstlich verlangsamt: Dazu hat er eine leicht abfallend Ebene eingeführt, auf welcher er Kugeln gleicher Größe, aber unterschiedlicher Masse hinab rollen ließ. 

IMG 4294https://www.badstrasse-quartier.de/projekte/projektfonds/alt-bleibt-neu

15:40. Innen im Café INVIA kann man malen und zeichnen. Auch gibt es netterweise Wasser und Saft. Da greifen wir zu und freuen uns über die vielen tollen Bilder, die heute entstanden sind und schon die Wände schmücken: Wunschberufe, Zukunftsvisionen und der Themenkomplex Teamgeist wurden von den jungen Reisenden kreativ und sehr unterschiedlich visualisiert.
Doppelstempel.

Abstecher zur Willy-Brandt-Schule. Hier werden Nägel mit Köpfen gemacht – beziehungsweise versenkt. Fette Balken bekommen ein eisernes Innenleben, wenn die Kids mit mehr oder weniger gezielten Hammerschlägen ihren Nagel ins Holz treiben. Zack, zack, zack und noch mal zack und zick (Nagel wieder grade schlagen) und Zack-Zack; schon ist vom Nagel nur noch das Köpfchen zu sehen. Stempel her! Danke und ab …

Wenn wir schon mal hier sind, nehmen wir auch die Kiezmütter im Hof der Badstraße 10 mit. „Haus der Volksbildung“ steht draußen dran, drinnen ist Technik gefragt. Während Kaya wurfgeschickt kleine Strickringe auf Holzstempel befördet, höre ich mir an, was die Kiezmütter so machen.
IMG 4290Interessantes Konzept, bei dem Mütter mit eigener Migrationserfahrung anderen Müttern bei deren Ankommen in Deutschland helfen. Vielprämiert ist das Projekt – und das zu Recht, wie mir scheint. Unterdessen hat das Töchterchen die volle Punktzahl erlangt, sodass auch hier die notwendige Zertifizierung vergeben werden kann.

Next Stop: Grünstreifen Grüntaler Straße, die sogenannte Stettiner Trasse.
Uns empfängt die freundliche Susanne Bürger, ihres Zeichens Kiezsportlotsin.  Was macht denn bitte eine Kiezsportlotsin? Ganz einfach: Sie erklärt Kaya und mir, welche, Berufe es im Feld Sport so alles gibt. Außer LeistungssportlerIn. Nämlich im Managementbereich, als LehrerInnen, MedizinerInnen, WissenschaftlerInnen oder gar TrainerInnen. Und da kommen wir direkt zum nächsten Angebot, das Susanne bereit hält: Die Vermittlung von Kindern an lokale Sportvereine. Welche Sportart kann man wo ausüben? Mehr Infos bekommt Ihr hier: (https://www.bwgt.org/kiezsportlotsininmitte/) Den fälligen Stempel erhalten wir direkt vor Ort und laufen nur ein paar Meter weiter zum Projekt …

IMG 4231SPIELRÄUME IM KIEZ, das seinem Namen alle Ehre macht. Hier dürfen wir Bildungsreisende auf einem speziellen Go-Kart-artigen Gefährt, das über einen eigenwilligen Vorderachsen-Push-Fußantrieb verfügt, einen einfach aussehenden, aber schwer zu befahrenden Hütchen-Slalom-Parcours absolvieren und im Anschluss vom FahrerInnensitz mit einem Volleyball durch einen rotierenden Hula Hoop Reifen werfen.  Das Mobil heißt übrigens Ezyroller und es gibt tatsächlich den (vom Projekt neu erfundenen) Sport Ezyrollerball, dem man weiterhin frönen kann. https://www.badstrasse-quartier.de/projekte/projektfonds/spielaeume-im-kiez 

Dann gibt es noch eine Luftdruckkugelpistolenzielherausforderung und eine Partie Wikinger-Schach.
Mission completed. Stempel, bzw. Aufkleber.

Bei MÄDEA, dem interkulturellen Zentrum für Mädchen und junge Frauen (http://maedea.stiftung-spi.de/) gibt es eine sehr interessante Ausstellung über die Welt einer bedrohten Spezies, der Honig-Biene. (https://de.wikipedia.org/wiki/Honigbienen )

Viele Zeichnungen von Mädchen sowie informative Background-Infos auf kleinen laminierten Infotafel bereiten auf die zu meisternde Aufgabe vor: Wir müssen einen Fragebogen über Bienen beantworten und dürfen uns am Ende in einem großen Gemälde auf dem Bürgersteig verewigen.

Summ, summ, summ – Bienchen auf die Stempelkarte.

Die letzte Station ist der Pluto des Badstraßen-Planeten-Systems: Der Medienhof in der Prinzenallee 25/26, nicht mehr ganz im QM-Gebiet, dafür fast schon in Pankow. Hier warten viele Angebote auf Jugendliche, die vor der Berufsentscheidung stehen. Gärtner oder Mediengestalterin, Sozialassistent oder MechantronikerInne – es gibt so viele Möglichkeiten. Und so viele fachkundige BeraterInnen. Während Gärtner-Interessenten ihren ersten Heckenschnitt wagen, findet Kaja ein Angebot für sich: Das Gestalten einer schicken Postkarte mit Berlin-Schriftzug, der Fernsehturm als „i“. Weiße Farbe auf blauem Karton – kommt knackig. Dabei sein ist alles und die junge Bildungsreisende hat schon den nächsten Stempel auf ihrem Kärtchen.

17:15. Jetzt haben wir tatsächlich alle Sternstationen besucht und sämtliche Stempel eingesammelt.

IMG 4288An eine Rückfahrt in einer Rikscha ist allerdings nicht mehr zu denken. Diese sind inzwischen so beliebt, dass sich lange Schlangen bilden, und die FahrerInnen oft mehr als ein Auge zudrücken und ihre Elektro-Kutschen, ähem, naja, sagen wir mal: sehr gut füllen.

Also machen wir uns zu Fuß auf den Weg zum QM, weit ist es ja wirklich nicht und beim Laufen sieht man natürlich auch viel mehr: Uns fällt zum Bleistift auf, dass inzwischen fast jede(r) PassantIn eine Bildungsreisetasche mit sich trägt. Schön, dass das Event so gut angenommen wird.

Zurück in der Bellermanstraße finden wir einen Rapper der mit Kindern und Jugendlichen eigene Tracks kreiert, die dann vor dem Schaufenster des QM-Büros direkt umgesetzt und performt werden.

„Ich bin Ahmet,
Ich wä’r gern Rapper,
Dann wären meine Rhymes,
Einfach fetter!“

Geile Idee! 

IMG 4294Ach ja, das haben wir ja ganz vergessen: Knapp nach Beginn der Bildungsreise hat eine Illustratorin ein großes Wimmelbild gestartet, auf dem sie auf Zuruf der Kinder und Jugendlichen deren Zukunftswünsche visualisiert hat. Hier geht es um Wunschberufe der heutigen SchülerInnen und -szenarien für ihren Kiez. Das Bild wurde in den letzten Stunden voller und voller.
Super!
Kaya wünscht sich mehr Katzen.

Zum Schluss gehen wir mit unseren Karten zum Stand von Stadtgeschichten und sind gespannt uns auf unsere Preise. Da wir ja wirklich alle Stempel vorweisen können, haben wir die freie Auswahl. Diese fällt nicht leicht, denn es gibt tolle Sachen: Z. B. Leuchtclips zum Fahrradfahren und Powerbanks fürs Handy. Stifte und Warnwesten. Kaya entscheidet sich für eine nachhaltige Taschenlampe, die mit einem Dynamo betrieben wird und ich freue mich über einen der zeitlosesten Klassiker überhaupt: Seifenblasen!

So geht ein wirklich schöner und noch informativerer Nachmittag zu Ende und wir freuen uns schon darauf, unsere Schätze zuhause auszupacken. Dort angekommen, fühlen wir uns tatsächlich wie nach einer kleinen Reise, in unserem Beutel Mitbringsel und Andenken. Mal schauen, wie das Bildungsfest im kommenden Jahr aussehen wird. So oder so, es wird bestimmt wieder toll!