So viel Engagement im Kiez!

Am 24. September lud das QM zur dritten Kiezwerkstatt ins Mitte Museum

Erst seit kurzem ist das Mitte Museum in der Pankstraße nach dreijährigen Sanierungsarbeiten wiedereröffnet und nun auch barrierefrei. Ein neuer Treffpunkt für Wedding und Gesundbrunnen soll es sein – und damit fangen wir heute an. Die Kiezwerkstatt des QM-Gebiets Badstraße ist eine der ersten Veranstaltungen hier.

So sehen viele der Anwesenden das Gebäude gerade zum ersten Mal von innen. Klaviermusik nimmt die Gäste in Empfang. Nachbarn, Akteure und Projektträger gleiten so behutsam in die Veranstaltung, sehen sich neugierig in den Räumen um oder genießen das Vorspiel des Pianisten.

Im Raum stehen Stellwände mit Informationen zu den verschiedenen bereits laufenden und anlaufenden Projekten im Badstraßenkiez. Ralf Kersten vom QM-Team stattet alle mit Namensschildchen aus.

Ephraim Gothe findet viele Projekte im Kiez gut

Johannes Raschke vom Senat begrüßt die Teilnehmer der Werkstatt

“Richtig gute Runde” findet eine Teilnehmerin

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Der stellvertretene Bezirksbürgermeister und Bezirksstadtrat Ephraim Gothe ist gekommen, um die Kiezwerkstatt zu eröffnen. Gothe ist angetan von den Projekten, die bisher im Kiez umgesetzt werden, besonders das Klimaprojekt liegt ihm am Herzen. Als Bezirksstadtrat für Stadtentwicklung hält er die Begrünung der Stadt z.B. durch Dachbepflanzung und Nutzbarmachung von Regenwasser etwa durch Auffangbecken für wichtige Maßnahmen städtischer Klimapolitik. Aber auch das Thema Verkehr hebt er hervor. Für Fahrradfahrer sei gerade die Badstraße ein Problem. Hier habe man oft das Gefühl, die Leute wollten nur ihre Autos präsentieren. Er findet, dass gerade Kinder ermutigt werden müssen mit dem Rad zu fahren, denn wenige Kinder mit Migrationshintergrund in den Klassen 3 und 4 können überhaupt Fahrrad fahren. Auch das Kino-Projekt süß+salzig findet er toll. „Das möchte ich mir unbedingt mal ansehen“, so Gothe.

Gothe findet es bedauerlich, dass es mit der Nutzbarmachung der Badstraße 10 als Nachbarschaftshaus nicht geklappt hat. Er sieht die Entwicklung jedoch auch positiv, denn hätte das QM nicht gesagt: „Da wollen wir hin!“ würde das Haus wohl noch immer im Dornröschenschlaf liegen. So passiere nun wenigstens etwas. Geplant sind dort für den Kiez wichtige Dinge wie ein Jugendclub und Sprachförderkurse.

Da die eigentlich angekündigte Sandra Obermeyer, Abteilungsleiterin bei der Senatorin für Stadtentwicklung, verhindert ist, springt Johannes Raschke von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen in die Bresche. Auch er findet, dass die Infrastruktur ein wichtiges Thema im Kiez ist. Allerdings stehen dem Programm soziale Stadt für große Bauvorhaben nicht die nötigen Mittel zu Verfügung.

Ralf Kersten vom QM-Team lädt zum Brainwalk

Alle waren aufgefordert, ihre Ideen für den Kiez einzubringen

Das Buffet hilft, Motivationslöcher zu überbrücken

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Nun lädt dass QM ein, sich am Brainwalk zu beteiligen und erklärt kurzerhand das türkische Buffet für eröffnet. Denn mit leerem Magen denkt es sich gar nicht gut. An einer Wand sind fünf Poster mit jeweils einer Frage aufgehängt. Die Anwesenden beginnen, sich auszutauschen. Es dauert einen Moment, aber dann trauen sich die ersten, ihre Ideen auf die Poster zu bringen. Hier wird, im Gegensatz zu dem klassischen Prinzip eines Brainwalks, bei dem die Teilnehmer nicht miteinander sprechen, sehr viel gesprochen. Doch das ist gar nicht schlimm, denn die Projektträger und Akteure haben so die Gelegenheit, sich kennenzulernen und zu vernetzen.

Zum Abschluss des Brainwalks stellt Ralf Kersten die Ergebnisse vor:

Auf die Frage, wie man die Nachbarschaft aktivieren und zusammenbringen kann, schlagen die Teilnehmer Kiezspaziergänge, die Öffnung von Einrichtungen für gemeinsame Projekte und die Einrichtung eines Nachbarschaftszentrums vor. Hier sind wir wieder beim altbekannten Thema, denn das QM ist seit Beginn seiner Arbeit auf der Suche nach einem solchen Ort. Die Badstraße 10 war ein Ansatz, nun wird weiter gesucht!

Zum besseren Informationsaustausch und Vernetzung im Kiez wird die Idee vorgebracht, die Screens des Gesundbrunnen-Centers für Ankündigungen zu nutzen, dies hat bei „Netbil“ in der Vergangenheit gut geklappt. Das QM ist dazu schon mit dem Center im Gespräch. Auch Schaukästen werden vorgeschlagen, doch leider hat der Badstraßenkiez nur einen, gegenüber dem Center, zu bieten. Viele Schaukästen, die sich in privater Hand befinden, gibt es hier im Kiez leider nicht. Sobald man einen Kasten im öffentlichen Raum aufstellen möchte, gibt es Probleme mit dem Grünflächenamt, da dies ihn dann auch pflegen müsste.
Eine schönere und lebenswertere Gestaltung des Kiezes sehen die Teilnehmer auf jeden Fall durch mehr Sauberkeit im Kiez gewährleistet. Außerdem sollten die Gehwege und Straßen, zum Beispiel durch temporäre Spielstraßen, besser genutzt werden. Unternehmen im Kiez könnten durch Kunstausstellungen in den Geschäften, Tage der offenen Tür oder einem Wochenmarkt unterstützt werden. Und im Bereich Bildung wird sich ein stärkerer Fokus auf Umwelt- und Energieprojekte gewünscht. Außerdem sollte es mehr Freizeitangebote für Kinder und Jugendliche im Kiez geben.

Insgesamt also wichtige Anregungen für die weitere Arbeit des Quartiersmanagements, wenn auch oftmals nicht so leicht umzusetzen.

Nun bietet das QM Projekten die Möglichkeit, sich vorzustellen. Ein außergewöhnliches Projekt macht den Anfang. Das Projekt „Mimen“ will Bürger mit Hilfe von Mimen, also stummen Schauspielern, auf den Müll im öffentlichen Raum hinweisen. Das Vorbild dazu kommt aus der kolumbianischen Hauptstadt Bogota. Es soll Aufmerksamkeit schaffen, für die Folgen des eigenen Handelns. Der Projektträger “Neue Nachbarschaft/ Moabit e.V.” hat sich für ein non-verbales Konzept entschieden, da im Kiez viele verschiedene Sprachen gesprochen werden und man sich so der Sprachbarriere entledigt. Die Mimen sollen an großen Knotenpunkten wie der Badstraße eingesetzt werden. Allerdings: Ziel soll es nicht sein, einzelne Bürger bloß zu stellen, sondern eher auf das Problem aufmerksam zu machen.

Daraufhin stellt sich das Projekt „süß+salzig“ vor. Hierbei geht es, wie der Name schon vermuten lässt, um Kino, genauer gesagt um Kino im öffentlichen Raum. Es gab bisher bereits acht Kinoabende im Kiez, immer an verschiedenen Orten mit ganz unterschiedlichen Filmen. Dafür sucht das Projekt die Kooperation mit unbekannten und/oder außergewöhnlichen Orten und Einrichtungen im Kiez. So lernen die Bewohner ihre Nachbarschaft besser kennen und gelangen vielleicht an Orte, zu denen sie sonst nie gegangen wären, wie der Lobe Block in der Böttgerstraße oder den Projektraum Betakontext in der Badstraße.

Auch die Musik kam heute aus dem Wedding

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Für eine kurze Verschnaufpause nach so viel Input sorgen Chansonsängerin Elke Günther und Pianist Vincent Julien Piot. Die Sängerin selbst kommt aus dem Wedding und sie gesteht, dass ihr die jüngste Kür des Wedding zum viertcoolesten Stadtteil der Welt mehr Angst als Freude bereitet hat. Mit den Worten „Ich liebe den Wedding mit seiner Vielfalt, seiner Buntheit und den ganzen Kneipen“, beginnt sie ihren ersten Song. Sie singt von Berlin-Mitte, den Bars, dem Alkohol und dem Geburtstag von Klaus.

Die Füße werden des Stehens müde und so geht die nächste Runde der Projektvorstellung im Sitzen weiter. Das neue Projekt „Sauberer Badstraßenkiez“ stellt sich vor. Manches Projekt ist simpel, aber effektiv. So auch dieses. Im Grunde geht es um gemeinsame Reinigungsaktionen auf Spielplätzen und anderen Plätzen und vor allem darum, das Bewusstsein der Bewohner für dieses Thema zu schärfen. Starten wird das Projekt auf dem Eulerspielplatz. „Dieser Ort ist auf jeden Fall gut gewählt“, findet Ralf Kersten vom QM.

Die Gruppe F will das Kiezklima verbessern

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Ebenfalls neu ist das Projekt „Klimakiez“ der Gruppe F. Hier geht es erst einmal darum, den Kiez auf sein Klima hin zu bewerten. Dafür führte das Projekt bereits erste Umfragen durch. Wie ist das Klima an welchen Orten im Kiez? Ziel ist es, gemeinsam mit den Bewohnern Maßnahmen zu entwickeln. Eine Idee wäre zum Beispiel das Aufstellen eines Schatten-Anhängers am Straßenrand. Dieser könnte ein gemütliches Schattenplätzchen mit Hilfe eines Sonnensegels spenden. Er wäre aber auch mobil und könnte so je nach Klima und Nutzungsbedarf umgestellt werden.

Schildkröte Christian Mertens will den Kiez-Kids Beine machen – positiv

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Danach stellt Christian Mertens von Schildkröte e.V. sein Projekt vor. Darin geht es um Spiel, Sport und Bewegung für Jugendliche, aber auch das Schaffen von Entspannungs- und Rückzugsorten. Gemeinsam mit Jugendlichen werden Sportelemente gebaut. Bereits fertig sind sogenannte “Balance Boards”. Hier muss man mit den Füßen das Gleichgewicht so koordinieren, dass eine Kugel auf dem Board ins Zielloch gelangt. Diese Boards wurden hinsichtlich des Designs „à la Schildkröte” verfeinert, sagt Christian Mertens.

Zu guter Letzt stellt sich das Projekt „Kiezkosmos“ vor. Nebeneinander her leben tut keinem gut, findet Birgit Bogner. Bei ihrem Projekt geht es um die Stärkung der Nachbarschaft. Auch wenn nicht “Tag der Nachbarn” ist (jedes Jahr im Mai), soll es Begegnungsanlässe geben – und diese will das Projekt schaffen. Starten wird dies mit der Eröffnung einer Lichtgalerie im Oktober.

Ein Blick in die Neuauflage der Kiezkarte – gerade frisch aus der Druckerei

Es war schon dunkel, aber die Diskussion ging weiter

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Es gab viel Neues zu erfahren bei dieser Kiezwerkstatt. Viele Projekte starten gerade in die erste Phase. Wir dürfen also gespannt bleiben auf die kommenden Ergebnisse und Entwicklungen in unserem Kiez.

Ausnahmsweise hat das Mitte Museum heute seine Pforten länger geöffnet und so können alle Teilnehmer, die noch nicht genug haben, sich die aktuelle Sonderausstellung „Wer wir sind und was wir tun“ ansehen. Die Ausstellung beschäftigt sich mit den fünf Kernaufgaben ausstellen, bewahren, forschen, sammeln und vermitteln. Es ist eine fragende bis humorvolle Ausstellung von verschiedenen Künstlern, die den Abend und seine Themen abrundet.

Text und Fotos: Anna Lindner