Natur auf der Spur
Wie sich der Kiez auf den Aktionstag „Umwelt im Quartier“ vorbereitet
Freundliches Händeschütteln, manchmal Umarmung, Ansprache mit Namen, es wird gescherzt: Die kennen sich, denkt man. Treffpunkt Bellermannstraße, am 21. April. Direkt vorm QM-Büro trudeln gegen 11.30 nach und nach um die 25 Menschen ein. Quartiersmanagerinnen und – manager zumeist, aus dem ganzen Bundesgebiet angereist.
Erstaunt erfährt man, dass sich diese Gruppe heute das erste Mal „live“ trifft. Denn bisher standen im Rahmen von „Umwelt im Quartier“ zwar schon drei Vernetzungstreffen an, allerdings jeweils als Videokonferenz. Digital kann also doch Nähe entstehen …
Treffpunkt vorm QM-Büro
„Umwelt im Quartier“ – was ist das? Hierbei handelt es sich um ein Projekt, das Kommunen dabei unterstützen will, die vielen Umweltthemen vor Ort verständlich und erlebbar zu machen. Mobilität, Klimaanpassung, Zugang zu Grün- und Freiräumen, Energieeffizienz – diese und weitere Motive sind in den städtischen Quartieren längst angekommen. Sie spielen im Alltag der Nachbarschaft eine Rolle, wie heute im Badstraßenkiez zu sehen ist. Denn als erster Programmpunkt dieses vierten Vernetzungstreffens ist ein Rundgang geplant, der die Besucher zu umweltrelevanten Orten in unserem Quartier führt. Alle da? Also los …
Erste Station Bellermanngarten
Selbst, wenn noch Nachzügler kommen würden – sie können die Gruppe nicht verpassen. Denn die erste Station führt nur ein paar Schritte vom QM-Büro weg zum Bellermanngarten. Hier, wo Poller die Durchfahrt versperren, ist ein Aufenthaltsort für den Kiez entstanden. Theresia Titzmann vom Projekt Klimakiez berichtet über Entstehung und weitere Planung, so wie an den weiteren Stationen die jeweils Verantwortlichen ihren Ort vorstellen. Interessiert fragen die Gäste nach, manchmal mit verblüffend anderer Perspektive auf die hiesige Projektlandschaft. Wir lernen, dass QM-Arbeit durchaus anders organisiert sein kann als in Berlin. So berichtet Sylivia Watzeck vom QM am Leipziger Tor in Dessau, dass ihr QM keine eigenen Projekte beauftragt. Vielmehr nimmt sie eine vernetzende Funktion unter bereits bestehenden Akteuren ein, vielleicht vergleichbar mit den Stadtteilkoordinator*innen in Berlin.
Die Wilde 17 will fotografiert sein …
Es gibt viel zu erfahren und zu diskutieren, sodass die ursprünglich eingeplanten 90 Minuten für den Kiezspaziergang WETTEN DASS..?-mäßig überzogen werden. Aber das hiesige QM-Team mit Burcu Eren und Michael Zambrano lässt sich nicht aus der Ruhe bringen und gibt den aufkommenden Fragen den Raum, den sie brauchen. Besonders Günter Fuchs als Kiezkenner und -führer sowie Akteur in vielen Projekten gibt sachkundig und unterhaltsam an vielen Stationen Auskunft. Und so geht die kleine Runde über Blochplatz, Wilde 17, Lobe Block, Bibliothek am Luisenbad, Mitte Museum und Prinzengarten bis hin zum Müll Museum in der Soldiner Straße, wo sich ein Seminarteil anschließt.
Am Ziel: Der Garten der PA 58 ist die letzte Station des Rundganges
Das Programm „Umwelt im Quartier“ wird finanziert von Bundesumweltministerium und Umweltbundesamt. Es hat verschiedene Bestandteile, neben einem wissenschaftlichen gibt es einen praktischen Bereich, zu dem die Veranstaltung heute gehört. Hier geht es darum, ein Konzept für einen Aktionstag „Umwelt im Quartier“ zu entwickeln und praktisch zu erproben. Begleitet wird dies durch das iöw (Institut für ökologische Wirtschaftsforschung) und Gröschel Branding, einer im Wedding ansässigen Kommunikations- und Beratungsagentur. Zentraler Aspekt ist, dass das Engagement von Bürgerinnen und Bürgern im Quartier unterstützt und gefördert wird. Bei diesem Pilotprojekt machen fünf Quartiersmanagement-Gebiete aus ganz Deutschland mit – aus Bremen, Bochum, Dessau sowie die Berliner Badstraße und Soldiner Kiez. Alle zwei Monate treffen sich die Beteiligten und berichten über ihre Vorhaben, Aktivitäten und Resultate in diesem Zusammenhang.
Greta Franke vom iöw berichtet, während sie durch den Kiez läuft, dass die Öffentlichkeitsarbeit eigentlich der wichtigste Aspekt ist. Es gelte, alle Aktivitäten im Umweltbereich unter dem Motto „Umwelt im Quartier“ zusammenzuführen – mit dem Aktionstag bzw. einer Aktionswoche im September als Höhepunkt. Darauf arbeiten die beteiligten QMs kontinuierlich hin.
Schön bunt: Pflanztöpfchen im Gewächshaus des Lobe Block
Erschöpft nach gut zwei Stunden Kiezspaziergang trifft die Gruppe im Garten der PA 58 an der Panke ein. Jetzt darf erstmal durchgeschnauft werden. Das kiezkundige QM-Team Badstraße weist Hungrigen zu einem Mittagsmenü ihrer Wahl. Gestärkt durch gutes Essen und gute Gespräche versammelt sich die Gruppe nach dem Essen im Müllmuseum.
Zunächst gibt es einen Input-Vortrag zum Thema Umweltgerechtigkeit. Als Referent ist Thomas Preuß vom Difu (Deutsches Institut für Urbanistik) gekommen. Er weist in seinem Vortrag auf die Zusammenhänge zwischen Sozialer Lage und angemessener Teilhabe an einer intakten Umwelt hin. Auch in diesem Zusammenhang gibt es zum Teil heftige Defizite. Es wurden fünf Kernindikatoren identifiziert, die Umweltbelastung ausmachen. Diese sind Lärm, Luftschadstoffe, Grünflächenversorgung, thermische Belastung und soziale Benachteiligung. Während sich hier im Kiez eine Belastung durch alle fünf Indikatoren ergibt, gibt es ganze Stadtbezirke, für die keiner dieser Indikatoren zutrifft. Genau an diesem Punkt will nun das Projekt „Umwelt im Quartier“ ansetzen. Das Leben gerade in den zentralen Lagen der Metropolen muss gesünder werden.
Gute Tipps für die Mittagspause: Burcu Eren (M.) und Michael Zambrano (r.) vom QM-Team Badstraße
Nun ging es vor der Kaffeepause darum, wie weit die beteiligten Quartiere mit der Vorbereitung des Aktionstages sind. Die Berichte aus den Kiezen sind interessant, denn überall ist es gelungen, andere Institutionen und Akteure von der Idee des Aktionstages zu begeistern. Für die Kieze rund um die Badstraße und um die Soldiner Straße ist zu berichten, dass die Aktionswoche vom 4. Bis 10. September stattfindet. Einige der zahlreichen Initiativen aus beiden Quartieren laden zum Mitmachen, Mitreden und Mitdenken ein. Ein buntes Programm mit Workshops, Spaziergängen und Info-Talks wird gerade abgestimmt und hier auf der Website rechtzeitig veröffentlicht.
Im letzten Programmpunkt, der sich an die Koffeinbetankung in der Kaffeepause anschließt, geht es um die Öffentlichkeitsarbeit für den Aktionstag. Hier sind die Experten von Gröschel Branding gefragt, um genauer zu sein Lothar Gröschel, Gründer und Chef der Agentur. Es sollen Videos entstehen, Flyer und Plakate. Auch eine koordinierte Pressearbeit. Auch, wenn die Veranstaltung erst im September ist: Lothar Gröschel drückt auf die Tube. Denn um ein abgestimmtes Ergebnis mit ausreichend zeitlichem Vorlauf zu bekommen, muss alles vor den Sommerferien fertig sein. Und die sind ja bekanntlich in den Bundesländern nicht gleichzeitig. Schließlich ging es noch um die Ausstellung, die den Aktionstag (bzw. die Aktionstage in den Quartieren) begleitet. Mit Plakaten wird die Nachbarschaft auf die Aktivitäten rund um den Aktionstag hingewiesen und ermuntert, selbst auf den Öko-Zug aufzuspringen.
Der Blochplatz: Heute Station beim Kiezspaziergang – aber vielleicht bald auch dabei beim Aktionstag?
Was bleibt vom Vernetzungstreffen? Viele nette, engagierte Menschen haben sich getroffen, eine gute Zeit miteinander verbracht und intensiv miteinander gearbeitet. Greta Franke, die das iöW vertritt, hat folgende Ziele für die Agenda des Tages verkündet: Vernetzung fördern, Erfahrungsaustausch, Inspirationen geben. Erreicht? Check!