Ein Tag des Fußballs
Junge Geflüchtete treffen sich zum fit nach vorn-Cup auf dem Sportplatz Wedding
Vom 08.-11. Juni fand der fit nach vorn-Cup in Berlin statt. Rund um den fit nach vorn-Cup trafen sich junge Geflüchtete in Berlin, um sich sportlich zu messen, sich auszutauschen sowie sich beruflich zu orientieren und ihre Kompetenzen zu erweitern.
Die Teams treffen sich schon früh am Tag. Großstadt und Internationalität, das sind heute die Meta-Themen. Und dabei geht es jetzt nicht ums Championsleague-Finale, das am selben Tag stattfindet. Auch wenn Manchester City dort auf den FC Internazionale Milano trifft, hierzulande besser bekannt als Inter Mailand. Aber die Namen der Klubs könnten auch beschreiben, was an diesem Wochenende bei fit nach vorn abgeht: Eine international zusammengesetzte Gruppe junger Menschen trifft sich in Deutschlands größter City, um gemeinsam Spaß zu haben, voneinander zu lernen, sich bei der Orientierung zu unterstützen und vor allem Sport zu treiben.
Für uns hier im Kiez, ja klar, ist das Fußballturnier besonders interessant. Denn es findet auf unserem größten Fußballplatz, dem Sportplatz Mitte in der Behmstraße, statt. Unter Insidern kursieren auch die Namen Kokswiese und Plumpe. Viktoria Mitte spielt normalerweise hier. Die Szenerie früh am Samstag: Viele junge, sportliche Menschen, überwiegend Männer, in Trikots auf dem Fußballplatz. Sie spielen sich Bälle zu, scherzen, kommen mit anderen Teams ins Gespräch. Eine lockere, herzliche Atmosphäre. Konkurrenz, klar, aber auf nette Art, ohne diese toxische Arroganz und Aggressivität, die man leider noch viel zu oft auf Fußballplätzen findet. Stattdessen bilden alle Teilnehmer vor Beginn des Turniers einen großen Kreis, legen sich die Arme auf die Schultern und beschwören Sportsgeist und Fairness, mit denen sie durch das Turnier gehen wollen. „Spaß haben, die Freude am Spiel behalten, der Beste soll gewinnen, aber alle gewinnen mit“, sind Schlagworte aus der kurzen Ansprache eines Betreuers.
Viele haben Trikots von Fußballklubs aus den Profiligen an – und das nicht aus bloßem Fantum. Vielmehr haben diese Klubs die jungen Geflüchteten unter ihre Fittiche genommen, unterstützen sie organisatorisch, logistisch und oft genug auch finanziell. Die Teams kommen unter anderem aus Darmstadt (Die Lilien), Nürnberg (Die Clubberer), Bielefeld (schöne Grüße von der Alm), Dortmund (die schwarzgelbe Wand!), Leverkusen (es gibt nur ein Rudi Völler) oder Freiburg (höchschde Disziplin) – fast durchweg namhafte Standorte von Traditionsmannschaften. Schön, dass sich diese Klubs so stark engagieren.
Das Turnier wird angepfiffen, aber wir ziehen uns zum Pressegespräch zurück. Einige Spieler sind mit dabei, alle haben eine Fluchtgeschichte hinter sich. fit nach vorn ist kein reines Sportprogramm, sondern es versucht, die Perspektiven junger Geflüchteter in unserer Gesellschaft umfassend zu stärken. Sport oder Fußball dient dabei als Türöffner. Denn Sport verbindet, schafft Gemeinsamkeit und Teamgeist. Und voneinander Lernen ist unter Sportskameraden viel selbstverständlicher als bei anderen Personengruppen. Für drei Tage treffen sich im Juni also 150 junge Menschen in Berlin, um sich in Workshops beruflich zu orientieren, Kompetenzen zu erweitern, sich auszutauschen und natürlich: einen Fußball-Cup zu gewinnen. Während die Spiele am Samstag anstehen, waren die Tage zuvor anderen Inhalten vorbehalten. Neben den oben genannten gab es etwa eine Stadtführung und einen Theaterbesuch. fit nach vorn steht unter dem Dach der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung und arbeitet lokal mit Sportvereinen, sozialen Trägern und kommunalen Stellen zusammen.
So ist auch die Presserunde zusammengesetzt. Aber das Wort haben nach einer kurzen Vorstellungsrunde (endlich lerne ich Andrej Schnell vom Weddingweiser persönlich kennen!) vor allem die Kids. Alle schildern, wie das Programm ihnen geholfen hat, in Deutschland anzukommen. Ein Junge aus Nürnberg erzählt, dass er über den Klub seinen Ausbildungsplatz gefunden hat. Ein Mädchen berichtet darüber, wie es Unterstützung beim Verfassen von Bewerbungsschreiben erhielt. Andrea, eine kommunale Betreuerin aus Stuttgart, berät vor allem junge Menschen, die aus Äthiopien gekommen sind. Sehr anschaulich beschreibt sie, welches Glück es für „ihre Jungs“ sei, einen Lichtbildausweis mit unbeschränktem Aufenthalt zu bekommen. Auch hier hilft das Programm.
Gefragt, was sie sich wünschen würden, antwortet ein Dortmunder Mädchen: „Ich wünsche mir, dass diese Treffen länger gehen. Denn neben den ganzen tollen Terminen wäre mehr Freizeit gut, um so viele Menschen wie möglich kennenzulernen.“ In diesem Zusammenhang berichtet eine Betreuerin aus Nürnberg, dass für viele hier dieses Wochenende die einzige Gelegenheit ist, einmal aus dem Alltag heraus zu treten. Denn mit ungeklärtem Aufenthalt sind auch die Reisemöglichkeiten stark eingeschränkt.
Das Turnier draußen geht unbeirrt weiter. Die jungen Spielerinnen und Spieler sind längst aus der Presserunde verschwunden, sie werden in ihren Teams gebraucht. Wir „Profis“ von der Betreuer- und der Presse-Seite bleiben zurück, unterhalten uns weiter, aber längst sind wir auf der Informationsebene gelandet. Die Begeisterung für das Spiel, die Freude an der Gemeinschaft, die Aufregung wegen der anstehenden Matches, die Euphorie, ein ganzes Wochenende gemeinsam mit Freundinnen und Freunden zu verbringen – diese ungefilterten Emotionen sind mit den jungen Menschen nach draußen auf den Platz gegangen. Gut so!
Das Championsleague Finale hat City übrigens 1:0 gegen Internazionale gewonnen. Und hier auf dem Sportplatz Wedding nimmt das Team aus Nürnberg den fit nach vorn-Pokal mit nach Hause. Im Finale wurde Leverkusen bezwungen. Aber, und da müssen wir dem Betreuer von oben unbedingt recht geben, gewonnen haben eigentlich alle. Und wenn eines sicher ist, dann dies: Schon heute freuen sich 150 junge Menschen auf den fit nach vorn-Cup 2024.
Mehr Informationen zu fit nach vorn: www.fit-nach-vorn.de
Alle Bilder mit freundlicher Unterstützung von Claudia Paulussen (DJKS) und Johannes Hayner (georg+georg)