UNKÜRZBAR!!!
Demonstration gegen Kürzungen bei Kinder- und Jugendeinrichtungen
„Unkürzbar! Unkürzbar! Unkürzbar!“ Laut hallt es aus dem Eingang des Einkaufszentrums Rigaer Straße am Rathaus Friedrichshain. Rhythmisches Trommeln, lautes Pfeifen, bunte Schilder und erregte Menschen kommen hier am 23. Januar aus einem Grund zusammen: die angekündigte Kürzung von finanziellen Mitteln für Kinder- und Jugendarbeit im Bezirk Mitte. Und genau das möchte diese Menschenmenge verhindern.
Immer wieder heißt es laut „UNKÜRZBAR!“, damit sind hauptsächlich die 53 Kinder- und Jugendfreizeiteinrichtungen, 28 schul- und berufsbezogene Jugendsozial- und 14 Familienzentren gemeint, denen bald die Schließung droht. Das Geräuschspektakel zieht sich vom Eingang bis zum Bezirksamt: „Kinder und Jugendhilfe UNKÜRZBAR!, Schulsozialarbeit UNKÜRZBAR!, Familienförderung UNKÜRZBAR!!“
Eine nicht aufhören wollende Liste von Fördermöglichkeiten und pädagogischen Einrichtungen wird genannt, all diese Einrichtungen sind von den Kürzungen betroffen.
“Wo sollen diese Kinder denn nachmittags hingehen? Auf die Straße oder ins Einkaufszentrum? Viel kann man dann nicht mehr machen. Manche Kinder benötigen diesen sicheren Raum um sich zu entwickeln, zu äußern, einfach um groß zu werden”, überlegt eine Demo-Teilnehmerin empört.
„Als Bezirk fordern wir alternative Möglichkeiten, bei denen wir einsparen können. Wir wissen, Einsparungen werden überall schmerzhaft sein, aber wir wollen Einrichtungsschließungen verhindern. Wir wollen keinen Leerstand, wo jetzt Lehr-Räume sind, keine Spekulationsobjekte, wo jetzt Safe Spaces für junge Menschen sind. Wir wollen die Jugendarbeit im Bezirk beschützen und Familienzentren weiterhin offenhalten“, so Christoph Keller (Die Linke).
Diese Meinung teilen knapp 300 Jugend- und Sozialarbeiter*innen, Eltern und Kinder. Sie alle sind am Dienstag, 23. Januar, vor dem Bezirksamt eingetroffen, um genau diese Aussage zu unterstreichen. „Das kann von niemandem gewollt sein, dass wir unsere Strukturen, die wir über Jahrzehnte aufgebaut haben, zerstören, um da zu sparen, wo es am meisten wehtut“, meint Katja Zimmermann (Bündnis 90/Die Grünen) aus der Bezirksverordnetenversammlung.
Der Sozialraumkoordinator des Jugendamt-Regionaldienstes Gesundbrunnen, Peter Barton, beschreibt die Demo als einen großartigen Schulterschluss von Sozialen Mitarbeiter*innen, Pädagog*innen, Eltern und Kindern. Es sei schön zu sehen, wie groß die Solidarität auch aus anderen Bezirken sei. Dies sei nicht nur ein Problem für den Bezirk Mitte. Früher oder später könnte es auch andere Bezirke betreffen. Es handele sich hier um ein grundsätzliches Problem, so Barton.
Die Koordinatorin Sabine Röseler vom Familienzentrum Fabrik an der Osloer Straße beschreibt großes Unverständnis den geplanten Kürzungen gegenüber. Tatsächlich ist das Familienzentrum Osloer Straße schon seit Dezember von Kürzungen betroffen. Insgesamt 10% der finanziellen Förderung aus dem Landeshaushalt wurden komplett gestrichen.
Nun sollen noch weitere Kürzungen auf Einrichtungen wie das Familienzentrum zukommen. Sabine Röseler spricht hier von einer Zerstörung bewährter Strukturen innerhalb der Sozialarbeit. Räume für Familien müssen geschlossen, Sozialarbeiter*innen können nicht mehr bezahlt, hilfebedürftige Menschen nicht mehr unterstützt werden. Auch in der Schulsozialarbeit soll es zu Kürzungen kommen. Aufgrund dieser Situation hofft Sabine Röseler auf mehr Aufmerksamkeit. Demos und Treffen seien zwar sehr gut, trotzdem koste all dies viel Kraft, die die Mitarbeiter*innen lieber für ihre Arbeit verwenden würden. Die Grundforderung der Sozialarbeiter*innen, Eltern und Schüler*innen ist eine komplette Rücknahme der geplanten Kürzungen.
Ob dies tatsächlich geschieht oder wie diese Kürzungen letztendlich aussehen werden, kann noch niemand genau sagen. Die Menschen fordern Lehrräume statt Leerstand, Tischtennis statt tote Hose und finden: Kinder- und Jugendhilfe ist absolut “UNKÜRZBAR”.
Fotos: Nils Hansen
Text: Nils Hansen, Robert Bross