Aktionstag gegen Rassismus am 21. März

Ein Aufruf zu Solidarität und Veränderung

Rassismus geht uns alle an. Sind wir nicht direkt betroffen, so können es Menschen sein, die uns nahestehen oder die wir auch nur vom Sehen kennen. Wir alle müssen uns täglich stark machen – ob für Freunde oder für Fremde.

Ende März fand im Rahmen der „Internationalen Woche gegen Rassismus“ ein Aktionstag in Berlin statt, organisiert vom Bündnis gegen Rassismus. Das ist ein Zusammenschluss von 37 Organisationen aus Moabit und Wedding. Ziel war es, auf die alltägliche Diskriminierung aufmerksam zu machen, Betroffene zu stärken und ein Zeichen für eine gerechtere Gesellschaft zu setzen. Der Tag bot Raum für Austausch, Aktionen und Reflexion – getragen von den Stimmen der Teilnehmenden, die ihre Erfahrungen mit Rassismus und ihre Forderungen an Politik und Gesellschaft teilten.

Alltagsrassismus sichtbar machen
Der zentrale Aspekt des Aktionstags war die Thematisierung von Alltagsrassismus. Eine Teilnehmerin spricht über ihre Erfahrungen, die sie in Berlin sammeln musste. Während sie sich in ihrer Wohngegend sicher fühle, erlebe sie in anderen Gegenden häufig Anfeindungen: „Man wird beleidigt, von oben herab behandelt oder es wird davon ausgegangen, dass man die Sprache nicht versteht“, schildert sie. Diese Erlebnisse verdeutlichen, wie unterschiedlich rassistische Diskriminierung je nach Region sein können. Auch die Frage nach regionalen Unterschieden zwischen Berlin und anderen Teilen Deutschlands wurde thematisiert. Eine Teilnehmerin erklärte, dass Rassismus in ländlicheren Gegenden oft sichtbarer sei, insbesondere dann, wenn Menschen durch ihr Erscheinungsbild auffallen. Sie betonte jedoch, dass Diskriminierung überall präsent sei – nur in unterschiedlichen Ausprägungen.


Angelika K. ist zusammen mit den „Omas gegen rechts“ dabei. Sie hat eine schwarze Tochter, mit der sie kurz vor den Toren Berlins in eine ähnliche Situation kam. Sie erzählt uns, dass Berlin trotz der vielen Menschen, die aus verschiedensten Nationen stammen, noch lange kein „Safe space“ sei.

Kritik an Politik und Medien
Die Kritik an der Politik zog sich wie ein roter Faden durch die Gespräche. Viele Teilnehmende bemängelten die Langsamkeit bei der Umsetzung symbolischer Maßnahmen. Ein allgegenwärtiges Beispiel ist die Umbenennung diskriminierender Straßennamen. „Warum dauert es Jahre, solche Änderungen durchzusetzen, das ist doch schnell gemacht?“, fragte ein Teilnehmer und forderte eine höhere Priorität für solche Anliegen. Obwohl es stückchenweise voran geht, ist die Geschwindigkeit des Prozesses fast eine Beleidigung. „Ist den Politiker*innen denn nicht klar, was für eine krasse Außenwirkung das hat?“ Diese Maßnahmen seien nicht nur symbolisch wichtig, sondern auch ein Zeichen dafür, dass Betroffene gehört werden, dass der Staat sie nicht allein mit dem Problem lässt, sondern sie sieht. Andere fühlen sich hilflos, als sei dieses strukturelle Problem nicht als solches erkannt worden.
Auch die Rolle der Medien wurde kritisch beleuchtet. Die Koordinatorin des Bündnisses gegen Rassismus, Tuğba Kıratlı-Spriewald, wies darauf hin, dass Medien oft rassistische Stereotype reproduzieren – etwa durch die Betonung ethnischer Hintergründe in Berichten. „Warum ist es wichtig zu erwähnen, dass jemand Araber oder Muslim ist?“, fragte sie. „Wird die Straftat etwa schlimmer, wenn sie von Menschen einer bestimmten Nation oder Religion ausgeübt wird?“ Sie forderte eine differenzierte Berichterstattung. Eine andere Teilnehmerin ergänzt: „Die Medien sollten sich stärker auf Fakten stützen und die Realität abbilden – zum Beispiel, dass rechtsextreme Gewalttaten einen deutlich höheren Anteil haben als linksextreme.“

Solidarität und Empowerment
Im Vorjahr verzeichnet das „Berliner Register“ eine traurige Rekordzahl an Diskriminierungen stadtweit. Das Steigen der angezeigten Vorfälle ist bitter – und es ist zu vermuten, dass die Dunkelziffer ebenfalls angestiegen ist.


Es ist wichtiger denn je, die Betroffenen zu unterstützen. Viele berichteten davon, dass Betroffene oft aus Angst oder Resignation schweigen. Das Bündnis rief dazu auf, Vorfälle zu melden und den eigenen Erfahrungen eine Stimme zu geben. „Es ist wichtig, dass wir lernen zuzuhören, wenn jemand sagt: ‚Ich bin verletzt‘“, betonte die Koordinatorin Tuğba Kıratlı-Spriewald. Sie wünscht sich offene Ohren und mehr Empathie.

Neben den ernsten Themen bot der Aktionstag auch Raum für kreative Aktionen: Eine Gruppe gestaltete gemeinsam ein großes Herz mit Botschaften gegen Rassismus – ein Symbol für Gemeinschaft und Solidarität. Eine Sozialpädagogin erklärte: „Solche Aktionen zeigen uns, wie wichtig es ist, Räume zu schaffen, in denen sich alle sicher und zugehörig fühlen.“

An der Mauer vor dem Haus wird sichergestellt, dass die Nachricht auch nach draußen gelangt. Sowohl fürs Auge, als auch für die Nase. „Zusammen gegen Rassismus“ wird von jungen Menschen in blauen Overalls und gelben Gummihandschuhen großflächig auf den Holzzaun gesprüht. Die Farbpalette lässt keine Wünsche offen. Hier regiert die Vielfalt.

 

Im obersten Stockwerk konnte man sich zum/ zur Stammtischkämpfer*in ausbilden lassen. Das Konzept der Ausbildung war so einfach wie effektiv. 22 „Auszubildende“ schilderten rassistische Situationen, die sie erfahren oder miterlebt hatten. Diese werden besprochen, und es wird Werkzeug in Form von Handlungsvorschlägen mit an die Hand gegeben. So ist man auf die nächste Konfrontation besser vorbereitet und droht nicht, in eine Starre zu verfallen. Der Spruch, der bei uns hängen blieb war: „Wer fragt, führt!“

Der Aktionstag gegen Rassismus war mehr als nur eine Veranstaltung – er war ein Aufruf zur Reflexion und zum Handeln. Die Teilnehmenden machten deutlich, dass Rassismus nicht nur während spezieller Aktionswochen thematisiert werden darf. Es bedarf kontinuierlicher Bemühungen seitens der Politik und Medien, aber auch jedes Einzelnen, um Diskriminierung abzubauen. „Wenn wir anfangen, uns selbst zu reflektieren und zuzuhören, können wir echte Veränderungen bewirken“, fasst eine Teilnehmerin zusammen. Der Aktionstag zeigte eindrucksvoll: Solidarität beginnt im Kleinen – aber gemeinsam kann man Großes erreichen.

Text und Fotos: Conrad Kirchner, Otto Neumann