So schmeckt Nachbarschaft
Begegnungen unterm Blätterdach
Sonnenschein, Vogelgezwitscher und Kinderlachen liegen in der Luft, während man durch die Hofeinfahrt des Häuserblocks an der Behmstraße spaziert. Schon nach wenigen Schritten fällt der Blick auf eine liebevoll gedeckte Tafel – mit Tischdecke, Blumen und einer bunten Auswahl an Leckereien. Rundherum haben sich zahlreiche Nachbar:innen aus den umliegenden Hauseingängen versammelt, plaudern, lachen und genießen gemeinsam den Nachmittag.

Zwischen tobenden Kindern und gemütlich plaudernden Erwachsenen funkeln große Platten mit Börek, Baklava und frischen Säften in der Sonne. Ein Samowar verbreitet den Duft von frisch gebrühtem Çay – einladend, herzlich und familiär. Im Schatten der alten Platanen entsteht ein Ort, der mehr ist als nur ein Innenhof: ein Raum der Begegnung und des Miteinanders.
Genau darum geht es im Projekt „Begegnung und Empowerment im Badstraßenkiez“, das seit August 2023 vom Team von stadt.menschen.berlin getragen wird. Heute sind Berin und Luka mit dabei – zwei der engagierten Stadtplaner:innen, die hinter dem Projekt stehen. Normalerweise gehört auch Yazeed mit zum Team, aber er ist heute verhindert. Ziel des Projekts: Menschen zusammenbringen, die sonst kaum Berührungspunkte im Alltag haben.

Am Anfang stand vor allem eines: zuhören. Mit vielen Gesprächen, Beobachtungen und offenen Ohren tastete sich das Team langsam an die Bedürfnisse des Kiezes heran. Dabei richteten sie den Fokus auf Personengruppen, die aus verschiedenen Gründen schwer erreichbar sind.
Aus dem Gesagten wurde ein Konzept – und das wird jetzt angetestet. Drei Orte stehen im Mittelpunkt: der Innenhof an der Behmstraße, der neugestaltete Eulerplatz und das Gelände rund um die Bibliothek am Luisenbad mit dem angrenzenden Pankeufer. Hier soll Gemeinschaft entstehen, mit Leben gefüllt werden – und das möglichst unkompliziert, niedrigschwellig und auf Augenhöhe.
Der Schlüssel zum Erfolg? Nähe. Luka und sein Team sind dort, wo die Menschen sind: auf der Straße, vor dem Hauseingang, auf dem Spielplatz. Oft haben sie Spielzeug dabei – oder eben den Samowar. Denn: „Wenn die Kinder kommen, kommen auch die Eltern“, sagt Luka schmunzelnd. Und so ist schnell eine kleine Runde zusammen – ganz ohne Klemmbrett, Infotafel oder Namensschild.


Diese Art der Nachbarschaftspflege trägt bereits erste Früchte. Das jüngste Beispiel: das Opferfest am 11. Juni in der Behmstraße – auf Wunsch der Nachbar:innen geplant und umgesetzt. Die nötigen Genehmigungen waren nicht ganz ohne, aber am Ende hat alles geklappt. Und so sitzen heute Menschen aus ganz unterschiedlichen Lebensrealitäten an einem Tisch und teilen Tee, Essen – und Geschichten.
Doch das ist erst der Anfang. Das Projektteam wird weiterhin gebraucht, um solche Momente möglich zu machen. Denn viele im Kiez sind stark eingespannt, haben wenig Zeit oder kennen sich mit Anträgen und Organisation nicht aus. Ziel ist es, dass sich das irgendwann ändert – dass Menschen vor Ort selbst Ideen aufgreifen, weiterentwickeln und umsetzen.

Luka, (links im Bild) genießt es mit der Nachbarschaft in Kontakt zu treten
Ein erster Schritt dahin ist die WhatsApp-Gruppe, die regelmäßig über neue Aktionen informiert und zum Mitmachen einlädt. Schon jetzt ist zu sehen: Die Ideen gehen nicht aus. Zwei weitere mobile Spielstraßen-Aktionen sind in der Eulerstraße geplant, und auch fürs Pankeufer gibt es schon viele kreative Ansätze.
Fest steht: Die Badstraße blüht. Und mit ihr die Menschen, die dort leben. Manchmal reicht dafür schon ein gedeckter Tisch, ein bisschen Spielzeug – und ein heißer Tee.
Text und Bilder: Conrad Kirchner